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Donnerstag, 14. April 2005 |
San Juan |
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Ich sortiere meine Sachen, nehme eine heiße Dusche und gehe
zur Schule. Sie ist sehr klein und liegt direkt am See. Eigentlich
besteht sie nur aus überdachten Sitzplätzen, unter denen
je ein Schüler mit seinem Lehrer einen Platz hat. Die Unterrichtswoche
kostet mit vier Stunden pro Tag 390 Q (52 US $). |
Meine Lehrerin ist echt nett, aber alles verläuft etwas konfus
und ohne großes System. Von Pädagogik hat sie sicher noch
nicht viel gehört und Deutschland liegt bei ihr in einem Beispielsatz
neben Argentinien. Als erstes lerne ich die Aussprache von C, S und
Z kennen. Da sie kein Wort Englisch kann und mein Spanisch sehr mau
ist, gibt es einige Verständigungsprobleme. |
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Am Nachmittag soll ich eine Familie bekommen. Doch schon auf den
ersten Blick sehe ich: Hier bleibe ich nicht. Das Haus ist steril,
neu und wirkt unbewohnt. Ich habe kein Bett und alle müssen durch
mein Zimmer, um auf die Straße zu kommen. Angeblich gibt es
noch einen anderen Weg, dafür wohnt am Abend noch eine Oma im
Nebenzimmer. Ich möchte Tradition und Kinder und möchte
den Leuten mit meinem Geld helfen. Hier gebe ich die 300 Q (die, nebenbei
gesagt, überzogen sind) einer reichen Familie und lebe wie im
Hotel. Das kann ich für 100 Q die Woche haben und koche dann
jeden Tag selbst.
Also spreche ich mit Benedikto, dem Leiter der Schule und des Centro
Maya, einer Begegnungsstätte für geistig und körperlich
behinderte Kinder hier im Dorf. Ja, so etwas gibt es wirklich hier,
am „Ende der Welt“. Ich werde mich noch öfter wundern
in diesem San Juan.
Benedikto hat die Schule gegründet, um mit dem Erlös Kinder
ärmerer Familien zu unterstützen, d.h. ihnen den Besuch
höherer Schulen zu ermöglichen. Er versteht mein Problem
und hat zwei weitere Familien für mich. Die Familie eines Künstlers
fällt gleich weg, da er laut Benedikto übertriebene Preisvorstellungen
hat. 250 Q in der Woche mit einem Essen am Abend. Als er mir die Familie
von Raul vorstellt, weiß ich nach zwei Minuten, dass ich bei
ihnen bleibe. Maria und Raul sind mir gleich sympathisch und auch
die Kinder kommen gleich auf mich zu.
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Mein zukünftiges Zimmer sieht zwar zunächst noch aus wie
ein Schlachtfeld, doch es dauert nur kurze Zeit und ich kann einziehen.
Stuhl, Tisch, Bett und Klamottenablage sind nicht der Luxus, doch
ich liebe das Haus mit seinem Hof auf den ersten Blick. Auf den zweiten
Blick gibt es dann keine Tür vor dem Klobecken und auch beim
Waschen ist man nicht allein, doch über diese nichtigen Dinge
denken die Menschen hier nicht nach. Wenn man um die Ecke kommt und
auf dem Klo sitzt schon jemand, entschuldigt man sich und kommt in
fünf Minuten wieder. |
Die Familie besteht neben Maria und Raul, beide um die 38 Jahre,
aus dem kleinen Nelson (2), den Brüdern Raul Edwin (8), Juan
Arival (12) und Lorenzo Efraim (14) sowie der Schwester Cecilia Raquel
(16). Dazu kommen der Hund Chita und das Huhn Gallina. Am Abend lerne
ich gleich noch die halbe Verwandtschaft kennen und wir fahren nach
San Pedro zwei alte Betten wegbringen. San Pedro und San Marco, die
beiden Nachbardörfer, sind wegen des Drogentourismus sehr verschrieen.
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