03.02. POTSDAMER LEHRER PLANT EINE EINJÄHRIGE RADTOUR: 12 000 KILOMETER VON ALASKA BIS ZUM PANAMA-KANAL

Soweit die Pedale tragen ERIK HEIER

Versicherungen sind schon ein Gräuel. Aber ein notwendiges. Auf Thomas Kühnls Zettel türmen sich Zahlenkaskaden. Gar nicht so einfach, eine günstige Auslandskrankenversicherung zu finden für ein ganzes Jahr. Aber ohne - das wäre keine gute Idee.

Denn Kühnl schickt sich an, ab Ende Juni ein bisschen länger zu radeln - einmal längs über den amerikanischen Doppelkontinent, von Kanada und Alaska entlang der Westküste der USA durch Mexiko, Belize, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Costa Rica bis zum Panama-Kanal. Ein Jahr, 12 000 Kilometer. Bei manch anderem zwackt schon nach zwölf Kilometer Pedalentreterei das Knie.

Er habe vor allem Angst vor den Bären, sagt Kühl und guckt auf seine Auslandskrankenkassenberechnung. Und vor den mexikanischen Lkw-Fahrern.

Sonderlich begeistert waren seine Eltern und die - aus geschiedener Ehe stammende - 13-jährige Tochter von der Eingebung nicht, die Kühnl beim vierwöchigen Radurlaub im vergangenen Sommer in Bulgarien hatte. Die Tochter drohte, am Vortag seiner Abreise vom Rad die Luft abzulassen. Kühnl fliegt am 29. Juni ins kanadische Vancouver. Seine zehnte Klasse dagegen, die Kühnl an einer Berliner Privatschule hat, grübelt eher über praktische Dinge: "Die können sich nicht vorstellen, dass man Kleidung für ein ganzes Jahr mitnehmen kann", grinst Kühnl.

Ist aber alles schon durchkalkuliert. Fünf Taschen, verteilt auf dem zehn Jahre alten Mountainbike, rund 30 Kilo Gewicht, dabei auch ein Zelt. Moskitonetz und Hängematte, in Alaska eher weniger notwendig, lässt sich Kühnl später nachschicken. Und die 24 Gänge seines Fahrrads sollten wohl ausreichen.

Dass ein Geografie- und Sportlehrer - der gebürtige Sachsen-Anhaltiner studierte an der Universität Potsdam und betreut dort derzeit ein Rugby-Team - sich dergestalt ein wenig Unterrichtsinspiration verschafft, soweit es der Lehrplan denn zulässt, klingt fast schon logisch. Unterstützung fand er bei seiner Schule. In deren fast 100-jähriger Historie habe noch nie jemand ein ganzes Jahr Urlaub beantragt, sagt Kühnl.

Aber er hat sich auch schon vorher diversen Reisefreuden hingegeben: So schulterte er 1991 den Anglerrucksack für einen Trip durch Nepal. Er baute aber im Jahr 2002 auch in Nicaragua eine Schule mit auf. Auf seiner Wunschliste steht nun unter anderem die Goldrauschstadt Dawson City; er möchte den Denali-Nationalpark am Mount McKinley sehen, zu gern mal in San Francisco über die Golden Gate Bridge radeln und im Februar an der Baja California in Mexiko den Walen zusehen. Mal sehen, was so geht mit 30 Euro am Tag. Er freut sich schon auf seinen 40. Geburtstag, im September in Vancouver. Ein Handy besitzt Kühnl nicht.

Und wenn das Knie doch nicht mitspielt? Ist nicht so schlimm, sagt Kühnl: "Dann verkaufe ich das Fahrrad und fahre mit dem Bus weiter."