Trapper, Kanus, Bären und
Indianer
Ein Fünftel der Trans-Amerika-Tour ist geschafft
/ Freundliche Menschen helfen immer ein Stück weiter
7.Juli: Mein erstes Ziel ist der Denali Nationalpark. Mir ist mulmig,
ich verfahre mich auf dem Weg raus aus der Stadt zweimal. Bestens
ausgebaute Radwege habe ich an der dreispurigen Autobahn: Jedes
Schlagloch ist markiert und wird von einem Mann auf Rollschuhen
gesäubert. Kurz vor Fairbanks finde ich einen Gratis-Zeltplatz
bei der „American Legion“: Ich, als Gegner der Kriegspolitik
der USA, auf dem Gelände der Veteranen!
8.Juli: Langsam wird es „Alaska“, der Verkehr nimmt
ab, die Entfernung zwischen Ortschaften und Häusern zu.
Mitten in der Wildnis taucht eine Bibliothek auf; sie hat einen
Internetanschluss für den Bericht. Ich treffe Hans Jürgen
aus der Schweiz, der drei Monate durch Alaska radelt. Seiner Frau
schickt er fast jeden Tag eine Karte.
Unterwegs keine Ortschaft, kein Haus, nur Weite. Irgendwann sehe
ich in dunstiger Ferne den Mt. McKinley, den höchsten Berg
Nordamerikas. Ich treffe Rob und Ferrie aus Holland; sie radeln
wie ich den Denali Highway bergauf, bergab, gegen den Wind. Alle
Wasserflaschen sind leer, alle Riegel verbraucht. Ein Zeltplatz
in letzter Minute.
Das Nachtanken meines Kochers am Samstag, dem 10. Juli, ist schwierig:
ich brauche nur einen halben Liter, frage einen freundlichen Mann
mit einem Riesen-Auto und bekomme Benzin geschenkt.
Am 11.Juli fällt mir ein riesiger braun-gelber Stein auf,
der sich bewegt: An diesem Sonntag sehe ich den ersten Grizzly meines
Leben. Dem möchte ich nicht begegnen, wenn er Hunger hat.
Für Normaltouristen sind wir Radler eine Attraktion. Würden
wir für jedes Foto von uns eine Salami und ein Bier kriegen,
wir wären bald fett.
Am 12. Juli erreiche ich den Denalipark und gehe zur Post. Ich
schicke fünf Kilo heim: 2 T-Shirts, 2 Hosen, 1 Handtuch, 1
Buch, die Kerzen, das dicke Seil und den Kompass. Macht 32 Dollar.
Der Platz wird für Essen benötigt. Für den Denali
Highway ist alles klar: Wasser gepumpt, Essen für 4 bis 5 Tage,
Rad geprüft.
13.Juli: Ich gehe 200 Kilometer Schotterpiste an und fürchte
die Sonne. Morgens um 7 Uhr sind schon 21 Grad; der Weg geht ständig
auf und ab. Ich habe Probleme mit den schmalen Reifen, bin aber
zufrieden mit dem Rad.
14.Juli: Auf einer Abfahrt bin ich zu schnell geworden und beim
Bremsen gestürzt. Mir ist nichts passiert, nur die Ladung flog
durch die Luft.
Millionen kleiner schwarzer Fliegen quälen mich; sie stechen
nicht, sondern beißen, das juckt tagelang.
Am 15.Juli überquere ich den zweithöchsten Pass Alaskas.
Noch zwei Eis in der Tangle Lake Lodge und ein Bier (4 Dollar für
0,35 Liter!), und der Denali Highway ist bezwungen. Die 1000-Kilometer-Marke
schaffe ich am Folgetag. Rekord: 127 Kilometer, 56 Stundenkilometer
Spitze, 18 Stundenkilometer im Schnitt.
Auf dem Campingplatz darf ich mich neben dass Home-Mobil eines
holländischen Paares stellen und zahle nichts. Noch besser
wird es am 17.Juli: fünf Kilometer Abfahrt bei 33 Stundenkilometern,
zwei Stunden Internet gratis, dann 45 Kilometer Highway ohne jede
Kurve. Es gibt nichts zu sehen außer Rauchwolken von Feuer
über den Bergen. Über zwei Millionen Hektar Wald brennen
seit Wochen.
Ich lege einen Ruhetag ein, schlafe mich aus, schreibe Tagebuch,
sortiere Bilder.
Am 20.Juli überfahre ich die Grenze zu Canada, zum Teil im
Auto. Die Luft ist nämlich der Feuer wegen extrem schlecht;
atmen kann man im Freien nur mit einem Tuch vor dem Mund. Die Fahrt
ist gespenstisch. Da die Sonne den Rauch kaum durchdringt, ist es
meist kalt.
Dawson City erlebe ich am vom 21. bis 23. Juli: ein großes
nostalgisches Dorf mit allem Luxus, geprägt von Touristen,
Trappern, Goldsuchern, Kneipen, in denen Alkohol in Strömen
fließt.
Am 26.Juli treffe ich auf dem Zeltplatz in Pelly Crossing zwei
Hamburger, die mit dem Kanu unterwegs waren und seit einem Monat
keinen Menschen gesehen haben. Gibt es das in Europa?
Die nächste Bekanntschaft ist ein Radler aus Thüringen,
der den Weg von New York seit April geschafft hat.
Die Strecken am 27. und 28. sind kurz, aber höllisch. Ich
muss selbst bergab gegen Wind kämpfen. Abends campe ich neben
einem Zeltplatz, um Geld zu sparen. Meine Essenstaschen verschwinden
erstmals unter Mülltüten im Container. So sind sie bärensicher
und von oben nicht sichtbar.
29.Juli: 14.32 Uhrerreiche ich die 2000-Kilometer-Marke, nach 28
Stunden, 5 Minuten. Ich habe ein Problem: bei 110 Volt laden meine
Akkus nicht richtig auf.
Einen Kanu-Trip auf dem Teslin und dem Yukon River schiebe ich
vom 5. bis 11. August ein, 60 bis 85 Kilometer täglich zu viert,
380 Kilometer insgesamt. Wir genießen Landschaft und beobachten
Weißkopf- und Goldkopfseeadler. Die Camps liegen schön,
doch überall gibt es Kratzspuren und Haare von Bären.
Da wir unsere Essensbehälter wegen ihres Gewichts nicht in
die Bäume hängen können, tragen wir sie 200 Meter
weit in den Wald.
Oft finden wir Spuren alter Zeiten: Schiffswracks, Goldfördermaschinen
und verlassene Orte. Auch hier ist das Feuer allgegenwärtig.
Immer näher kommen die Rauchschwaden.
Zurück am Ausgangspunkt der Kanu-Tour in Whitehorse, ist endlich
der Anhänger da, den ich bestellt habe. Ich belade ihn; viel
kaufen muss ich nicht, denn die meisten fahren von hier aus heim;
die „Freie Essenskiste“ ist gefüllt.
13.August: Es lockt die Qualifikation zum „Badewannenrennen“
nach Dawson City, doch mit Badewannen haben die Boote nicht mehr
viel zu tun. Die fast 600 Kilometer werden in 20 bis 25 Stunden
gefahren. Der Rekord mit dem Kanu liegt bei 38 Stunden. Der normale
Paddler benötigt 16 Tage.
Am 15. August erwischt es mich auf einer schönen Abfahrt:
Der Hänger ist bis 48 Stundenkilometer zugelassen, aber ich
bin bei 53. Das Teil kommt ins Trudeln; bremsen macht es nur noch
schlimmer. Es reißt mich um. Ich schlittere auf der Straße
entlang, mein Kopf schlägt am Asphalt auf. Am Hafen Skagway
kaufe ich für mich (175 Dollar) und für mein Rad (28 Dollar)
ein Ticket. Den Trailer erwähne ich nicht, um 28 Dollar zu
sparen. Ich schlafe im Freien.
Am 18. August nächtige ich in Terrace auf einem Holzplatz.
Ich stelle mein Zelt zwischen die Bäume, als ein Jeep vorbei
kommt: Die Besitzerin der benachbarten Ranch bringt mir einen Eimer
Wasser, Marmelade und Lachs... |